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Praktikum bei: Uniklinik Hradec Králové – Chirurgische Abteilung

Zeitraum und Ort: 8.3. – 27.6.2021, Hradec Králové / Königgrätz

Stipendienprogramm:Mobilitätsbeihilfen für Praktika in Tschechien


Mein Erasmus+Praktikum absolvierte ich im Rahmen eines Tertials des praktischen Jahres meines Studiums der Humanmedizin. Somit war für mich ein knapp viermonatiger Zeitraum als Praktikant in der Chirurgie von Seiten meines Studiums vorgegeben (die anderen beiden Fächer/Tertiale wollte ich in Deutschland absolvieren). Dies war ein gewisses Hindernis, da das Medizinstudium in Tschechien anders aufgebaut ist als in Deutschland. Somit konnten meine Ansprechpartner in Tschechien nicht unbedingt meinen Wunsch nachvollziehen, ein 16-wöchiges Praktikum "nur" in der Chirurgie abzuleisten. Des Weiteren war es nicht ganz leicht überhaupt die richtigen Ansprechpartner zu finden. Zuerst wandte ich mich an das Sekretariat für Praktikumsstellen des Krankenhauses, das allerdings nur für Studenten aus Tschechien zuständig war. Zum Glück verwiesen die mich weiter an das Erasmusbüro der medizinischen Fakultät in Hradec Králové, über das dann der Großteil der Organisation abgewickelt wurde. Zusätzlich musste ich aber noch das Chefsekretariat der Chirurgie am Universitätsklinikum kontaktieren, um von ihnen die Genehmigung für mein Praktikum zu bekommen. Teils ausschlaggebend dafür, dass ich für die gesamten, gewünschten 16 Wochen kommen durfte, war, dass ich über gute Vorkenntnisse in Tschechisch verfügte. Sobald die Zusage von Seiten der Chirurgie gegeben wurde, lief die Vorbereitung weitgehend problemlos und die Erasmusbüros in Regensburg und Hradec Králové (Königgrätz) erwiesen sich als sehr hilfsbereit.

Eine kostengünstige Unterkunft im Studentenwohnheim unweit vom Universitätsklinikum wäre vom tschechischen Erasmusbüro für mich organisiert worden. Allerdings hatte ich das Glück in Hradec Králové zusammen mit meiner Frau und unseren beiden, kleinen Kindern bei meinen Schwiegereltern wohnen zu dürfen. Eine tschechische Telefonnummer oder gar ein tschechisches Konto habe ich mir nicht eingerichtet, da ich auch, falls notwendig, auf die Hilfe meiner Schwiegereltern jederzeit zurückgreifen durfte.

„Das Konzept des praktischen Jahres wie in Deutschland ist so nicht bekannt, daher erforderte es natürlich etwas mehr Eigeninitiative an die richtigen Lerninhalte zu kommen, aber es ermöglichte mir dafür auch viel mehr Freiheit und Wahlmöglichkeit, mit welchen Teilbereichen der Chirurgie ich mich genauer beschäftigen wollte.”

Das Universitätsklinikum (Fakultní nemocnice) Hradec Králové, an dem ich tätig war, ist ein Krankenhaus der Maximalversorgungsstufe und bietet mit ca. 1300 Betten alle Fachrichtungen an. Das Einzugsgebiet umfasst ganz Ostböhmen bis an die polnische Grenze und erinnert durchaus an die Lage des Universitätsklinikums Regensburg, dass nach Norden und Osten ein ähnliches Einzugsgebiet bis zur tschechischen Grenze hat. Das Konzept des praktischen Jahres wie in Deutschland ist so nicht bekannt, daher erforderte es natürlich etwas mehr Eigeninitiative an die richtigen Lerninhalte zu kommen, aber es ermöglichte mir dafür auch viel mehr Freiheit und Wahlmöglichkeit, mit welchen Teilbereichen der Chirurgie ich mich genauer beschäftigen wollte.

Anfangs war ich noch einer kleinen Gruppe Studierender aus dem 12. Semester (mehrheitlich nicht des Tschechischen mächtig) zugeteilt, die auch ein paar praktische Wochen in der Chirurgie hatten. In dieser Gruppe rotierten wir wochenweise durch die Abteilung und erhielten so einen guten Einblick, auch in kleinere chirurgische Fächer wie die Herz-, Neurochirurgie und die Urologie. Die Lehre fand überwiegend auf Englisch statt. Was ich auch später feststellen würde: wo im Tschechischen sprachliche Schwierigkeiten auftraten, konnte man immer auf Englisch oder sogar Deutsch mit den ärztlichen Kollegen kommunizieren.

Nach ein paar Wochen war ich dann alleine als Praktikant in der Chirurgie. Ich hatte immer eine Sekretärin des Chefsekretariats der Chirurgie und einen Professor, zuständig für die Lehre in der Chirurgie, als Ansprechpartner. In Absprache mit diesen und unter Rücksichtnahme auf den aktuellen OP-Plan wurde ich so für zwei Wochen oder länger einer chirurgischen Abteilung zugeteilt. Die persönlichen Möglichkeiten der Mitarbeit waren oft stark von den Kollegen abhängig, doch ich durfte oft im OP-Saal steril am Tisch stehen und assistieren oder, wo das nicht möglich war, zumindest verschiedenste OPs beobachten.

Außer der Arbeit im OP-Saal bestand auch jederzeit die Möglichkeit Visite zu gehen, in der Ambulanz die post-operationelle Versorgung zu begleiten oder in der Notaufnahme mitzuhelfen. In der allgemeinen Chirurgie konnte ich eine Whipple-Operation oder auch eine Roboter-assistierte Tumorresektion (z.B. Rektum-Ca) mittels DaVinci-Roboter beobachten. In der Unfallchirurgie, die am dortigen Krankenhaus organisatorisch und räumlich gänzlich von der Orthopädie getrennt ist, durfte ich oft am Tische assistieren, Haken halten und nähen. Meine zwei Wochen in der Gefäßchirurgie waren besonders abwechslungsreich. Ich durfte oft in ambulanten OPs assistieren und eine große Gefäßoperation mit Bypass und Stentimplantation beobachten. Dies war für mich besonders interessant, da dort große Überschneidung mit der Radiologie bzw. interventionellen Radiologie sind, was mein Drittfach/ Wahlfach im Praktischen Jahr neben Chirurgie und Innerer Medizin war. Zum Schluss bekam ich noch einen Einblick in die plastische Chirurgie, was ein Bereich war, mit dem ich bis dahin so gut wie nie in Berührung kam. Umso aufschlussreicher waren meine Tage dort und ich durfte auch wieder oft direkt am OP-Tisch assistieren.

Neben den Chirurgen hatte ich auch immer wieder das Glück von Anästhesisten im OP-Saal deren Arbeit näher gebracht zu bekommen und durfte beim Ein- und Ausleiten der Narkose immer wieder helfen.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meinem Praktikum und denke, dass der Organisationsaufwand sich für mich auf jeden Fall gelohnt hat.

Zum Ende meines Aufenthalts wurden auch zum Glück die Corona-bedingten Einschränkungen Stück für Stück aufgehoben und somit kam ich noch etwas in den Genuss der wunderbaren, vielfältigen Wirtshaus- und Kneipenkultur Tschechiens sowie der schönen Stadt Hradec Králové.


Text und Bild: Stipendienbericht

Bayhost stmwk